Aus der Pferseer Geschichte

Der Ortsname

Schon eine frühe Erwähnung von Pfersee im 12. Jahrhundert beschäftigt sich mit dem ungewöhnlichen Ortsnamen. Dort wird aus der Römerzeit berichtet: Verres ein Militärtribun und der einzige Überlebende eines Kampfes gegen die Schwaben, versteckte sich in den Sümpfen jenseits der Wertach an einem See. Dieser See erhielt den Namen Verrisse und daraus entwickelte sich Pfersee. Später wurde in der Sage der unbekannte Verres durch den berühmten Varus ersetzt, der sich auf seiner Flucht aus dem Teutoburger Wald in unsere Gegend verirrte und in einem See ertrank.

Die bekannteste Theorie, dass Pfersee sich von einer keltischen Wurzel Perz ableite was so viel bedeutet wie Pforte oder Burg wird von Fachleuten bestritten, da es dafür zu wenige Hinweise gäbe. Auch wenn dieser Erklärungsversuch nicht zu stimmen scheint, ist der Name wohl vorgermanischen Ursprungs und neben Augsburg der älteste in unserer Umgebung.

So ist die Herkunft des Namens bis auf Weiteres ungeklärt, vielleicht gibt es Bezüge zu Pergine (Toskana), Perschen (Oberpfalz), Pförring (Oberbayern) oder Perugia (Umbrien) und Partenkirchen die wie Pfersee am Ufer von Flüssen oder Bächen liegen, wo sie oft von Überschwemmungen heimgesucht wurden oder werden.

Mit einem See dürfte der Name aber nicht zu tun haben, da die Schreibeise mit zwei „E“ erst im 19. Jahrhundert aufkommt und der Einheimische es immer noch mit kurzem „E“ am Ende spricht.

 

Pfersee Österreichisch?

Von 1301 bis zum 1806 gehörte Pfersee zur Markgrafschaft Burgau und diese zu Vorderösterreich einem Teil des Habsburgerreiches. In dieser Zeit konnten sich auch Juden in Pfersee ansiedeln, was ihnen in der Reichsstadt Augsburg nicht gestattet war. Im Jahr 1750 waren von 108 Häusern 16 von jüdischen Familien bewohnt. Die Synagoge war an der Leitershofer Str. , dort wo sich die Straße jetzt teilt, bei der heutigen Hausnr. 26, sie wurde bereits 1876 abgerissen, die meisten Juden hatten Pfersee verlassen, nachdem eine Ansiedlung in Augsburg möglich wurde. Protestanten durften sich im habsburgischen Pfersee – mit zeitweisen Ausnahmen – nicht ansiedeln. Danach kam Pfersee bis 1918 zum Königreich Bayern. 1911 wurde es nach Augsburg eingemeindet.

 

Das Pferseer Schlössle

Das Schlössle hatte mindestens einen Vorgängerbau aus dem Mittelalter. In einer Quelle wird sogar behauptet, die mittelalterliche Burg wäre anstelle eines römischen Kastells errichtet worden.

Im Mittelalter saßen die Ritter von Pfersee auf der Burg. Der bekannteste war, um 1300, der als Raubritter berüchtigte Hermann von Pfersee. 1309 war er in der Reichsacht und ein Graf Konrad von Kirchberg bot gegen ihn den Landsturm auf (alle Dörfer diesseits des Lechs mussten Männer zu seiner Gefangennahme stellen). Er wurde gefasst und musste Teile seines Vermögens als fromme Stiftungen abgeben. Von einer weiteren Bestrafung des Mordbrenners ist nicht bekannt.

Wie in jeder anständigen Burg soll es auch in der Pferseer einen Geheimgang gegeben haben. In Pfersee ist er besonders lang und führt zum ca. 4 Kilometer südlich gelegenen, heutigen Fuggerschloss Wellenburg.

Schloss und Dorf wechselten danach häufig den Besitzer, meist waren es Augsburger Patrizier und Bürger aber auch einige Augsburger Bischöfe. Die Dorfbesitzer wurden damals Insassen genannt. Oft war der Ort geteilt und hatte 2 Besitzer. In seiner heutigen Gestalt wurde es um 1600, von Martin Zobel dem damaligen Besitzer von Schloss und Dorf, erbaut.

Als Pfersee 200 Jahre später bayerisch geworden war, wurde im Schloss ein Finanzamt eingerichtet, damals Rentamt genannt.

Das Rentamt wurde Mitte des 19. Jahrhunderts nach Göggingen verlegt und das Schloss hatte nochmal einige private Besitzer. Der letzte war ab 1876 der bayerische General Baron von Spruner. Dessen Wappen ist noch immer über dem Eingang zu sehen. 1882 kaufte die Gemeinde Pfersee das Schloss und verwendete es als Kranken- und Armenhaus. Auch nach der Eingemeindung nach Augsburg wurde das Schlössle bis 1963 als Krankenhaus betrieben, zuletzt für TBC-Kranke. Nach einem Leerstand bis in die 1980er Jahre wurde die Ruine an eine Bauträgerfirma verkauft und von dieser renoviert.

 

Die Kirche St. Michael

Die Kirche wurde nach fünfzehnjähriger Bauzeit im Jahr 1700 geweiht. Entworfen wurde das typische, schwäbische Barockkirchlein von Hans Georg Mozart, ein Bruder des Urgroßvaters des berühmten Komponisten W.A, Mozart, der in Augsburg domkapitlischer Maurermeister war. Die Familie Mozart hatte von 1570 bis 1643 in Pfersee gewohnt. Bei der qualitätvollen Innenausstattung sind die Deckenfresken von Johann Georg Bergmüller, dem Meister des Augsburger Barock, besonders wertvoll.

 

Die Herz Jesu Kirche

Die Herz Jesu Kirche wurde in den Jahren 1907 bis 1910 erbaut. Die Kirchengemeinde beauftragte den damals erst dreißigjährigen Michael Kurz mit der Planung und Bauleitung. Beim Außenbau entfernt sich der Architekt vorsichtig vom Historismus durch glatte Flächen und einen weitgehenden Verzicht auf Baudekor , behält aber eine neuromanische Grundform bei. Im inneren verwirklichte Kurz, nach einem von Stadtpfarrer Schwab entwickelten Programm, ein Gesamtkunstwerk des Jugendstils. Der Jugendstil war bald nachdem er aus der Mode gekommen war, für viele Jahre, als hässlich und kitschig verschrien.

In der fast gleichzeitig mit Herz Jesu von Kurz gebauten Klosterkirche Schweiklberg bei Vilshofen wurde die Jugendstilausstattung entfernt. Auch das Augsburger Stadtbad wurde schon bald „purifiziert“ und der Jugendstildekor abgeschlagen. Noch Anfang der 1980er war der damalige Pfarrer wenig begeistert in eine so hässliche Kirche versetzt zu werden. Diese Ansichten haben sich inzwischen in ihr Gegenteil verkehrt und die Ausstattung von Herz Jesu ist zum Touristenmagnet geworden.

 

Pfersee wächst rasant

Im Jahr 1863 lebten im kleinen Bauern und Handwerkerdorf Pfersee 800 Menschen, knapp 50 Jahre später im Jahr 1911, bei der Eingemeindung nach Augsburg war die Bevölkerung auf 11341 Personen explodiert. Wie war es dazu gekommen? Durch die Regulierung der Wertach, Mitte des 19. Jahrhunderts; war die Überschwemmungsgefahr verringert worden und die Bebauung des Gebietes zwischen Wertachufer und dem alten Dorf Pfersee möglich geworden. Dort siedelten sich nun Industriebetriebe an, die für einen guten Platz im Augsburger Textilviertel zu spät gekommen waren. Den Anfang machte im Jahr 1866 die Fabrik von Johann Georg Krauß aus Ulm, die spätere Spinnerei und Weberei Pfersee (SWP), in Pfersee „große Fabrik“ genannt. Deren Gebäude wurde nicht parallel zur Augsburger Straße errichtet, sondern quer zum Mühlbach, um dessen Wasserkraft über Transmissionen einfach nutzen zu können.

Es folgten weitere Betriebe der Textilindustrie: die größeren waren Bemberg (Augsburger Str. und Hessenbachstr.), Raff & Söhne (Kazböckstr.) sowie Dierig (Kirchbergstr). Zwei Chemische Fabriken als Zulieferer der Textilindustrie: Chemische Fabrik von Rad und Hirzel (Hessenbachstr.) sowie Appretur- und Schlichtemittelfabrik R. Bernheim, später Chem. Fabirk Pfersee (Färberstr.). Drei metallverarbeitende Betriebe: Maschinenfabrik Gebrüder Demharter (Leitershofer Str.), Trieurfabrik Julius Preßl (Kirchbergstr.) und Johann Norbert Eberle & Cie.(Eberlestr.), die erste Laubsägenfabrik der Welt war 1885 aus Augsburg nach Pfersee übersiedelt. Eberle ist die einzige Fabrik, die heute noch in Pfersee produziert. Diese Fabriken zogen viele Arbeiter, auch aus anderen Deutschen Ländern und aus dem Ausland an, z.B. gab es in Pfersee um 1900 zwei Böhmische Vereine. Die mit dem rasanten Bevölkerungswachstum verbundenen Probleme konnte Pfersee nicht mehr alleine lösen, dies und auch der damalige Zeitgeist veranlasste die Pferseer bei der Stadt Augsburg um Eingemeindung nachzusuchen.

©2019 Wolfgang Konrad